Fristlose Kündigung aufgrund unzumutbarem Mitbewohner

  • Hallo zusammen,

    ich habe mich in diesem Forum angemeldet um ein paar Ratschläge zu meiner Situation zu lesen. Ich bin für jeden Tipp dankbar.

    Ich möchte gerne mein Mietverhältnis (Einzelmietvertrag in einer 4er WG) fristlos kündigen und in eine Einzelwohnung ziehen. Der Grund dafür ist mein Mitbewohner.

    Ich wohne schon länger als er in dieser Wohnung, er wohnt hier schon ungefähr ein Jahr. Aber jetzt ist der Zeitpunkt wo ich endgültig keine Kraft mehr habe und mir auch ernsthaft Sorgen um meine Gesundheit mache.

    Erstmal etwas zur Situation:

    Mein Mitbewohner ist extrem dreckig, ein Alkoholiker, spielsüchtig und kriminell, es flattern des Öfteren Briefe von der Polizei ins Haus. Dieser Mensch hat ernstzunehmende psychische Probleme und ist für mich unberechenbar. Ich habe nicht nur Angst um meine Gesundheit und mein Hab und Gut, ich könnte mir auch vorstellen das er mal im Vollrausch durchdreht und mich verprügelt oder sonstiges.

    Bei seinem WG-Bewerbungsgespräch war ihm von alle dem natürlich nichts anzusehen.

    Ich muss permanent gegen sein Messie-Syndrom ankämpfen, sprich ihm immer hinterherputzen. Ich muss in regelmäßigen Abständen den komplett gefüllten Kühlschrank entsorgt, weil die Lebensmittel alle abgelaufen sind und der Schimmel schon aus den Tupperdosen rausquillt (alles von ihm). Sein Zimmer sieht original aus wie eine Messiewohnung, aus diesem Grund sitzt er den ganzen Tag in der Küche. Da ist es ja sauber weil ich da permanent aufräume. Würde ich mit dem permanenten putzen aufhören, würde die ganze Wohnung innerhalb einer Woche unbewohnbar sein.

    Er ist oft komplett betrunken und sitzt stundenlang auf der Toilette und übergibt sich. Also eine unzumutbare und extrem belastende Situation, hauptsächlich für mich.

    Ich habe immer "Beweisfotos" von allem gemacht, auch von seinem Zimmer.

    Alle Gespräche führen zu nichts. Ich habe es versucht, bin aber auch nicht sein Therapeut oder Pfleger.

    Mein Mitbewohner hat die ersten 6 Monate in der er hier gewohnt hat nicht einen Cent Miete oder Kaution bezahlt und ist hier trotzdem nicht rausgeflogen. Aus diesem Grund denke ich dass er nicht gehen wird und sehe ich für mich nur die Flucht. Ich kann mir es aber nicht leisten für den Übergang Miete für zwei Wohnungen zu bezahlen.

    Jetzt zu meinen rechtlichen Fragen:

    Im Mietvertrag steht ich habe eine Kündigungsfrist von 3 Monaten. Es sei denn ich ich schlage dem Vermieter " zwei wirtschaftlich und persönlich zuverlässige, zum Bezug der Wohnung berechtigte Ersatzmieter vor, die bereit sind in den Mietvertrag einzutreten. Andere Wohngemeinschaftsmitglieder haben Mitspracherecht bei der Auswahl der Ersatzmieter"

    Weiter steht da:

    "Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (fristlose Kündigung) richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften"

    Meine Frage ist, ob mein Sachverhalt für eine fristlose Kündigung ausreicht, beziehungsweise was genau mit "richtet sich nach den rechtlichen Vorschriften" gemeint ist. Oder ob ich den ersten Weg wählen muss/sollte. Also mir selbst einen Nachmieter suchen soll.

    Vielen Dank !:)

  • Ehrlich gesagt ich sehe da wenig bis keine Chance bezüglich der fristlosen Kündigung.

    Kündige fristgerecht bis zum 3.8. zum 31.10. und versuch über die Nachmietervereinbarung früher aus dem Vertrag zu kommen.

    Zu wann hast Du denn die neue Wohnung?

    Wenn nicht ab Heute oder Morgen ist eine fristlose Kündigung eh nicht machbar.

  • was genau mit "richtet sich nach den rechtlichen Vorschriften" gemeint ist.

    Damit ist gemeint, das sich die Möglichkeit der fristlosen Kündigung nach § 543 BGB richtet.

    Meine Frage ist, ob mein Sachverhalt für eine fristlose Kündigung ausreicht

    Ich würde sagen dass das ausreicht. Solche Verhältnisse muss man nicht hinnehmen. Aber sowas ist schwer zu beurteilen und auch immer dann vom Richter abhängig, sollte wirklich geklagt werden.

    Wurde der Vermieter über diese Zustände informiert und eine Frist zur Abhilfe gesetzt?

    Meine Antworten sind keine Rechtsberatung und die Richtigkeit sind nicht garantiert!

  • Vielen Dank für eure Antworten!:)

    Ich habe jetzt erst einmal ordentlich gekündigt und ich denke ich werde den Weg gehen den anitari beschrieben hat.

    Könnte man eine fristlose Kündigung notfalls "nachschieben"?

    Der Vermieter weiß darüber bescheid, dass diese Person Probleme hat, aber es interessiert ihn erstmal wenig solange er die Miete bezahlt. Ich befürchte Racheaktionen von meinem Mitbewohner, wenn er jetzt plötzlich eine Abmahnung wegen Unordentlichkeit bekommt.

    Er weiß dann garantiert dass ich ihn angeschwärzt habe.

    Er war vor einigen Monaten bereits fristlos gekündigt weil er ein halbes Jahr keine Miete gezahlt hat, ist aber trotzdem in der Wohnung geblieben. Solche Menschen rauszubekommen ist ja anscheinend viel zu schwierig.

    Also wurde der Vermieter nicht schriftlich darüber informiert.

    Wäre es möglich dass wenn ich ein Schreiben aufsetze, in dem ich glaubhaft und mit "Beweisen" beschreibe wie unerträglich die Situation für mich ist, dass der Vermieter sein OK gibt und ich aus dem Vertrag raus bin? Oder landet so etwas zwangsläufig vor Gericht?

    Wie sieht es in Punkto Rufmord, Beleidigung, üble Nachrede etc. aus wenn ich in den Briefen an den Vermieter Begriffe wie Messie verwende? Ich finde das beschreibt ihn ganz gut, ohne ihn jetzt damit beleidigen zu wollen.

  • Hallo Thomas,

    einvernehmlich kann der Vertrag immer beendet werden. Nennt sich dann Aufloesungsvereinbarung. Dazu muss aber der Vermieter mitspielen.

    Aus meiner Erfahrung heraus wird ein Richter einer fristlosen Kuendigung eher nicht zustimmen. Zum einen beruecksichtigt ein Richter immer das Wohnumfeld bei seinen Entscheidungen. Und in einer WG muss man schon mehr in Kauf nehmen, als in einer eigenen Wohnung. Zum anderen wird ein Richter sagen, du hast das jetzt ein Jahr ausgehalten, da kannst Du das jetzt auch noch 3 Monate aushalten.

    Aber wie Darkshadow schon geschrieben hat, was in so einem Fall zumutbar ist oder nicht, sehen Richter durchaus sehr unterschiedlich.

    Ansosten wuerde ich mich mit wertenden Begriffen wie "Messie" zurueckhalten. Beschreibe einfach, wie es aussieht und was der Mitmieter macht. Du kannst ja mit dem Vermieter vereinbaren, dass Du ihm eine schoene Auflistung der ganzen Verfehlungen zur Verfuegung stellst und ihm auch als Zeuge vor Gericht bei einer eventuellen Verhandlung zur Verfuegung stehst, wenn er Dich vorzeitig aus dem Vertrag entlaesst. Waere fuer beide Seiten vorteilhaft.

    cu

    Guenni

  • Gute Idee dem Vermieter einen "Handel" anzubieten. Ich habe einen Text aufgesetzt in dem ich dem Vermieter darum bitte das Mietverhältniss zu kündigen.

    Ich denke mal man kann hier nach dem Motto "Fragen kostet nichts" einfach mal nachfragen ob der Vermieter dem Handel zustimmt. Oder könnte das negative Konsequenzen nach sich ziehen?

    Ich wollte eigentlich das englische Wort für Handel schreiben aber das ist zensiert.

    ....

    Sehr geehrte ...,

    hiermit bitte ich Sie meinen Mietvertrag frühzeitig, außerordentlich zu beenden. Die Wohnsituation mit meinem Mitbewohner Max Mustermann stellt für mich eine unzumutbare Belastung dar. Ich habe nicht nur Angst um meine Gesundheit und mein Eigentum, sondern auch vor Übergriffen, wenn mein Mitbewohner im Vollrausch ist. Es kam zwar noch nicht dazu, diese Person ist für mich aufgrund seines Verhaltens jedoch unberechenbar.

    Seine unordentliche und dreckige Lebensweise war der Hauptgrund für mich das Mietverhältnis zu kündigen.

    Im Gegenzug biete ich Ihnen an, ihn eine Liste der Verfehlungen seinerseits, inklusive Beweisfotos, zu schreiben und auch als Zeuge vor Gericht aufzutreten. Das wäre auch in Ihrem Interesse, weil sich sein Zimmer in einem katastrophalen Zustand befindet und Schadensersatzansprüche entstanden seien könnten.

    Ich bitte Sie mir mitzuteilen ob sie einer einvernehmlichen Auflösungsvereinbarung zustimmen.


    Mit freundlichen Grüßen,


    ...

    Für mich wäre es super wenn ich so aus dem Vertrag kommen könnte. Ich überlege ob ich es wagen sollte den Brief abzuschicken oder doch lieber den "normalen" Weg gehen sollte.:/

  • Hallo Thomas,

    erfahrungsgemaess lassen sich solche Vereinbarungen viel leichter im persoenlichen Gespraech oder zumindest am Telefon aushandeln. Hinterher kann man dann die Liste und die Aufhebungsvereinbarung austauschen.

    cu

    Guenni

  • Hallo Thomas,

    grundsätzlich stellst Du mit Deinem Mitbewohner die Mietpartei dar. Der Vermieter kann daher nicht für das Fehlverhalten des Mitbewohners verantwortlich gemacht werden. Es sieht rechtlich so aus, dass Du quasi selbst diese unzumutbaren Zustände als Mieter generiert hast.

    Eine Kündigung unter Einhaltung der 3-Monatsfrist halte ich für sinnvoll. Jedoch solltest Du folgendes beachten:

    1. Wenn Dein Mitbewohner Vertragspartei im Hauptmietverhältnis geworden ist, so bedarf die Kündigung auch seiner Unterschrift.

    2. Wenn Dein Mitbewohner rein rechtlich betrachtet Dein Untermieter ist, so musst Du zunächst ihm kündigen. Erst danach solltest Du das
    Hauptmietverhältnis kündigen.

    3. Selbst wenn Du Punkt 1 bzw. 2 ausgeführt hast, muss Dein Mitbewohner die Wohnung immernoch faktisch räumen. Dein Sachverhalt liest sich jedoch so, als wenn er die Wohnung eben nicht freiwillig räumen wird.

    Punkt 3 sollte natürlich auch dann berücksichtigt werden, wenn Du einen Nachtrag mit Deinem Vermieter vereinbarst.

    Außerdem solltest Du dir überlegen, ob Du die Fotos aus dem Zimmer Deines Mitbewohners überhaupt hättest anfertigen dürfen. Hat er sein Einverständnis hierzu erteilt? Falls nicht, kann dies negativ auf Dich zurückfallen.